Nach 7 Tagen und 3.185 km bin ich endlich angekommen. Ein bisschen war der Weg auch das Ziel, aber ich habe ein klares Gefühl von „geschafft“, als ich endlich die Weltkugel vor mir sehe. Dass das Nordkap – der nördlichste Landpunkt Europas – von extremen Wetterumschwüngen geprägt ist, erfahre ich sofort. Bei der Ankunft strömender Regen, eine Stunde später strahlend blauer Himmel.
Doch zunächst von vorne….
2022 nehme ich mir den kompletten Juni frei und bereise für vier Wochen den Norden. Ein Monat Mitternachtssonne. Ein Monat ohne Dunkelheit!
Der erste Zielpunkt soll das Nordkap sein. Danach möchte ich entlang der Küste Norwegens in den Süden reisen bis Trondheim und von da zurück nach Hause. Bereits 2020 habe ich mit dem Auto alleine die Lofoten bereist, einmal quer durch Schweden bis in den Norden, dann nach Norwegen und nach dem Aufenthalt auf den Lofoten längs zurück durch Norwegen. Ich habe damals schon gelernt, dass man viel recherchieren kann, aber die Natur hier oben ist anders als in Mitteleuropa. So lang die Strecke ist, so unterschiedlich sind die Gegebenheiten. Wetterumschwünge kommen oftmals. Im Juni kann noch Schnee liegen, aber auch richtig Hochsommer mit über 30 Grad sein.
Ziel erreicht. Oder zumindest die erste Etappe.
Zahlreiche Mythen und Geschichten ranken sich um den nördlichsten Punkt von Europa. Also auf dem Festland. Hier oben schaut man wirklich nur noch in Richtung Nordpol. Das Europäische Nordmeer und die Barentssee treffen hier aufeinander und das Klima ist rau.
Schon bei der Ankunft weiß ich, was gemeint ist. Das Thermometer im Auto zeigt 4 Grad an, Regentropfen prasseln mit voller Wucht auf die Scheibe und ein kräftiger Wind lässt das Auto im Stand wackeln. Nur gut, dass ich Regenhose, Winterjacke, Mütze und Handschuhe parat habe. Nur noch nicht angezogen, vor einer Stunde war strahlender Sonnenschein. Die Insel Mageroya, auf der das Nordkap liegt, ist noch mal weiter nördlich, die Berge höher und die Felsen rauer als alles, was mir davor in Norwegens nördlichster Region, der Finnmark, begegnet ist. Aber alles ist möglich – auch das Anziehen im Auto 😉
Erster Stop: Foto an der Nordkapkugel
In voller Kampfausrüstung starte ich erst der Nordkapkugel einen Besuch ab. Die Skulptur „Globus“, die sicher millionenfach von Männern und Frauen in Outdoor-Outfits fotografiert wurde. Schon hundert Meter davor ist klar: bei dem Schietwetter habe ich das gute Stück immerhin fast für mich allein. Und so sind auch die anderen Touristen bereit, immer erst dem Vorgänger sein Alleine-vor-dem-Nordkap-Globus-Foto zu gestatten, bevor sie auch auf den Sockel steigen. Das Rentnerehepaar vor mir winkt ab, als ich Ihnen anbiete, ein Foto von ihnen Beiden zu machen. Ihre Sprache kenne ich nicht, „Selfie“ verstehe ich. Sie lachen und ich denke, ja das mache ich auch so. Das Foto werde ich später an meine Familie und Freunde schicken. „Ich hab’s geschafft.“ Als ob ich die Reise zu Fuß oder per Fahrrad gemacht hätte. Wie es übrigens immer wieder Leute tun. Ein großer Stein auf der Freifläche weist darauf hin, dass hier ein Wanderweg aus Italien endet. Na das wäre mir wirklich zu weit per Pedes.
Die Nordkaphallen
Dann gönne ich mir die Wärme im Inneren der Nordkaphallen und schaue mir die Ausstellungen und den Kinofilm an, der das Nordkap im Jahreslauf filmisch wunderbar zeigt. Majestätisch sieht es aus, schneebedeckt, im blaugrauen Dämmerlicht nordischer Wintertage ohne Sonne. Man hört den beißenden Wind rund ums Kap blasen. Da fallen mir viele Schauergeschichten ein, die man daraus machen könnte. Und denke: bei gutem Wetter mit Nordlicht wunderschön. Aber bei der Kälte würden mich mich keine zehn Pferde hierher bringen.
Ein eher seltener Anblick: das Nordkap ohne Nebel
Nach dem Film steige ich die Treppen wieder hinauf in die Hallen, um vielleicht noch einen Kaffee zu trinken (sehr wichtig auf der Reise!) oder ein Souvenir zu kaufen. Doch was sehe ich!? Der Blick aus dem Café ist blau, gleißend sogar! Strahlend blauer Himmel und Sonne stehen über der Weltkugel und ich eile nach draußen. Natürlich sind jetzt viel mehr Touristen da und keiner lässt den anderen sein Solo-Foto schießen. Aber für mich reicht ein Solo-Foto der Nordkapkugel vor königsblauem Himmel!
Skulpturen und Denkmäler am Nordkap
Unweit der Nordkapphallen finden sich weitere kuriose Ansammlungen, wie der Stein, der auf den Wanderweg aus Italien hinweist. So zum Beispiel ein eher unscheinbares „Mitternachtssonnen-Denkmal“ oder ein Steindenkmal für den König Oscar II. Eindrucksvoller ist jedoch das Denkmal „Kinder der Welt“, das eine Mutter mit Kind zeigt, das auf die vor ihnen im Halbkreis aufgereihten kreisrunden Reliefs zeigt. Diese sind 1988 in Zusammenarbeit mit Kindern aus sieben verschiedenen Ländern entstanden.
Honningsvåg: die nördlichste Stadt Norwegens
Den Abend lasse ich in Honningsvåg, der nördlichsten Stadt in Europa ausklingen. Sie ist die Hauptstadt der Gemeinde Nordkap und erlangte 1996 Stadtrecht. Dadurch nahm sie den Status als nördlichste Stadt Hammerfest weg. Doch 1997 wurde das Kommunalrecht so geändert, dass nur Orte mit mindestens 5.000 Einwohnern Stadtrecht bekommen können. Honningsvåg ist mit seinen circa 2.300 Einwohnern weit davon entfernt und somit wurde ein Streit mit Hammerfest ausgelöst, das seinen seinen Titel zurück wollte. 2005 entschied das Kommunalministerium final, dass Honningsvåg seinen Stadtstatus behalten darf und damit auch den Titel als „nördlichste Stadt“.
Viel sehe ich von der kleinen Stadt allerdings nicht. Am Abend herrscht wieder beißender Wind und es gewittert. Da es noch Nebensaison ist, ist der Ort am Abend sehr ruhig und wenige Restaurants sind geöffnet. Doch als Überraschung bekomme ich im Hotel ein Upgrade und habe eine eigene Sauna im Bad. Was ein toller Abschluss dieses Tages!
Noch ein paar Hard Facts
Das Nordkap ist optisch vielleicht nicht der schönste Ort der Welt, aber für viele Reisende etwas besonderes. Während vor einigen Jahrhunderten noch mit der Naturgewalt gekämpft werden musste, um den kargen Felsen im hohen Norden zu erreichen, ist es heutzutage einfacher für Touristen.
Anreise
Am einfachsten erreicht man das Nordkap heute mit dem Auto oder Camper auf dem Landweg oder per Schiff. Die Insel Magerøya ist inzwischen durch einen Tunnel sehr gut angeschlossen. Viele Touristen kommen mit dem Schiff, am bekanntesten ist die Hurtigroutenlinie, die die Küste Norwegens täglich von Süden bis Norden abfährt.
Der Andrang war bei mir sehr klein, aber wie mir der nette Herr am Eingang sagte: wenn gerade nicht die Schiffe ihre Stops haben und Busladungen voller Touristen bringen, ist es zu den anderen Zeiten eigentlich meistens angenehm.
Übernachten
Übernachten kann man in der Umgebung in Honningsvåg oder auf Campingplätzen auf Magerøya. Die nächstgelegene größere Stadt ist Alta, 235km entfernt. Man kann auch im Camper auf dem Parkplatz nächtigen, aber es gibt außer Toiletten keine Einrichtungen.
Mitternachtssonne und Polarlichter
Von Ende November bis Ende Januar herrscht die Polarnacht: es gibt nicht wirklich Tageslicht. Die Mitternachtssonne kann man ab Mitte Mai bis Ende Juli sehen – natürlich nur gesetzt den Fall, das Wetter macht mit.
Öffnungszeiten
Die Kugel ist ganztags (und nachts) zugänglich, die Ausstellung in den Hallen nur zu Tagszeiten (Öffnungszeiten können auf der offiziellen Website des Nordkaps nachgeschlagen werden: Nordkapp.no oder der Seite des Betreibers der Nordkapphallen
3 Kommentare
Sehr schön!
Und herzlich willkommen im Kreis der Microblogger 😉
Liebe Grüße von Katrin
Liebe Katrin, vielen Dank für den Willkommensgruß 🙂 Ich bin schon gespannt, was das so alles mit sich bringt! Liebe Grüße, Daniela